Sonntag, 1. Mai 2016

Überlebensstrategie der Wildkräuter - Warum man "Unkraut" nie losbekommt?

Seit etwa 5000 Jahren gibt es bei uns nördlich der Alpen, seit der Jungsteinzeit, den Ackerbau.
Von Anfang an waren die "Unkräuter" beim Ackerbau ein begleitendes Problem, welches man bis heute noch nicht einmal annähernd behoben hat.

Landwirte und Gartenbesitzer kennen den unerwünschten Dauergast "Unkraut".
Es kommt in den Beeten vor, im Rasen, auf Hofeinfahrten, Äckern, und überall, wo ein Same ein bisschen Halt und Erde findet.


aufgerissene Asphaltdecke

Ehrenpreis in einer Mauerritze

junge Birke in einer Mauerritze
wilde Pflanzen unter einer Mauersims


Selbst in den Kommunen müssen die Straßenrändern vom Unkraut befreit werden und natürlich die vielen Grünanlagen.
In der Landwirtschaft werden riesige Mengen an Herbiziden gespritzt, um die Felder sauber zu halten.



Eine gigantische Spritzmittel- und Unkrautvernichtungsindustrie wurde aufgebaut, die Milliarden von Umsätzen macht. Riesige Summen von Geldern werden in die Forschung und Kauf von Spritzmitteln ausgegeben.

wurde abgespritzt

mit Herbiziden abgespritzt


Und doch, sowie man im Kampf gegen das "Unkraut" nachlässig wird, nimmt es schnell wieder überhand.
Bis heute ist es dem Menschen nicht gelungen, das "Unkraut" wirkungsvoll und dauerhaft zu bekämpfen und zu entfernen.

Es ist, wie es in der Bibel steht:"Dein Erdboden sei verflucht um deinetwillen. Mit Mühsal sollst du davon essen alle Tage deines Lebens und Dornen und Disteln wird er (der Ackerboden) dir sprossen lassen, und du wirst das Kraut des Feldes essen! 1.Mose 3,17-18

Der Mensch mag zum Mond fliegen können, vielleicht sogar zum Mars.
Aber gegen den einfachen Fluch Gottes, die Disteln und Dornen auf dem Acker und unsere Gärten usw. kann der Mensch nichts dauerhaftes ausrichten.

Warum ist das so? Warum lässt sich das "Unkraut" so schwer bekämpfen?

Die Wildkräuter oder "Unkräuter" sind die ersten Pionierpflanzen.
Sowie der Boden von den Menschen aufgebrochen und umgegraben wird, kommen zu allererst die Wildkräuter hervor. 
  • sie breiten sich aus durch Samen, Wurzeln oder Rhizomen.
  • sie sind aggressive, schnell wachsende Überlebenskünstler.
  • sie sind vielfältig, anpassungsfähig und können sich auf widrige Bedingungen rasch einstellen.
  • sie wachsen überall dort, wo sie Nahrung und geeignete Lebensumstände finden.
  • sie wachsen nicht als Monokultur, sondern in Gemeinschaft mit anderen Pflanzen.
  • Sie sind gegenüber Krankheiten, Hitze, Dürre, Wildfrass ... gewöhnlich widerstandsfähiger als Kulturpflanzen.

Die Wildkräuter sind entweder einjährig, ephemer, zweijährig oder mehrjährig.

Die einjährigen: entwickeln sich aus Samen, die in einem Jahr wachsen, blühen, wieder Samen ausbilden und sterben. Diese Samen ruhen im Winter in der Erde.
Dazu gehören z.B. Purpurne Taubnessel, geruchlose Kamille oder die Gänsedistel.

Die ephemeren: durchlaufen in einem Jahr mehrere Lebenszyklen. Die Samen dieser Pflanzen ruhen auch im Winter in der Erde. Im Frühjahr keimen sie aus, die neue Pflanze blüht bildet Samen und stirbt. Dasselbe geschieht noch mal im Sommer und im Herbst, bis die Samen wieder ruhen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Kreuzkraut, Hirtentäschel, Behaartes Schaumkraut und die Vogelmiere.
Die Vogelmiere vollendet ihren Lebenszyklus in etwa 7 Wochen. 

im April schon aussamendes Kreuzkraut
Die zweijährigen:  im ersten Winter ruhen die Samen in der Erde. Im ersten Jahr keimen sie aus, die neuen Pflanzen bilden Nährstoffspeicher, bevor die Blätter absterben. Im zweiten Winter ruhen die Nährstoffen in den Wurzeln, unter der Erde. Im zweiten Jahr bilden sich wieder Blätter und dieses mal auch die Blüten, welche Samen bilden. Dann stirbt die Pflanze. Diese Samen ruhen dann wieder in der Erde.
Dazu gehören z.B. die Klette, Brommbeere und Jakobskraut.

Die mehrjährigen: die Spitze der Pflanze ist abgestorben, die unterirdischen Wurzeln Stengel, Knospen überwintern. Im Frühling beginnt das neue Wachstum, die Pflanze wächst und bildet Blüten und Samen und und die oberirdischen Teile sterben zum Winter hin wieder ab. Dies wiederholt sich mehrere Jahre.
Dazu gehören z.B. Beinwell, Braunelle, Ampfer, Adlerfarn, Giersch.

Vermehrung durch Samen

Viele Wildkräuter, vor allem die einjährigen und ephemeren, vermehren und verbreiten sich rasch durch Samen. Dadurch können sich die Pflanzen schnell auf veränderte Bedingungen einstellen und überleben ungünstige Zeiten, z.B. Dürre besser.
  • die Samen gewährleisten das Überleben der Pflanze in Kälte- und Trockenperioden.
  • sie werden manchmal über große Entfernungen zu einem besser geeigneten Ort transportiert.
  • Samen ermöglichen einen Neubeginn, wenn die Mutterpflanze stirbt oder von einer Krankheit befallen ist.
  • manche Wildkräuter bilden Samen ohne Befruchtung, z.B. Löwenzahn. Hirtentäschel z.B. ist selbstbestäubend.
  • die Samen verbreiten sich auf verschiedene Weisen, über Wind, Wasser, Fell von Tieren, Vogelkot, Ameisen, Menschen, Aufplatzen von Samenkapseln usw.
  • dadurch können die Pflanzen sich über viele Jahre weit großflächig verbreiten und zu weiteren Stellen wandern.
  • viele Samen können oft viele Jahre ruhen und warten, bis sie geeignete Bedingungen zum Keimen und wachsen finden.

Vegetative Ausbreitung der Pflanzen

Viele mehrjährigen Pflanzen vermehren sich auch über Samen, aber meist doch über ihre vegetative Verbreitung.
Die Fortpflanzung durch Samen sichert das Überleben der Pflanze, an anderen Stellen und bei veränderten Bedingungen, für die Zukunft. Das heißt, selbst wenn man die Mutterpflanze entfernt hat, lebt sie trotzdem in den Samen weiter und kann sich weiterhin vermehren.

Die Vegetative Vermehrung sichert das Überleben und die Ausbreitung der Pflanze in der Gegenwart.
Während die Pflanze sich über Ableger, unterirdische oder oberirdische Ausläufer gut und weitreichend ausbreiten kann, ernähren sich die Ausleger von der Mutterpflanze.

Gute Beispiele für die vegetative Verbreitung unterirdisch sind die Quecke, Brennnessel, Giersch, Huflattich, Zaunwinde, Schachtelhalm, japanischer Staudenknöterich.

Beispiele für oberirdische Ausläufer: Kriechender Hahnenfuß, kriechendes Fingerkraut, Vogelmiere, Ehrenpreis.

Mache Pflanzen verbreiten sich auch über Wurzeln, z.B. die Ackerkratzdistel und die Ackerwinde.
Die meisten mehrjährige Pflanzen sind auf dauerhaftes Bleiben eingestellt. Darum sind viele davon in der Lage, sich von kleinsten Wurzelstücken wieder neu zu entwickeln oder bilden tiefe Pfahlwurzeln, wie der Löwenzahn. Durch die Pfahlwurzel können die Wildpflanzen auch noch bei widrigen Bedingungen überleben, weil sie aus der Tiefe noch Nährstoffe ziehen kann.

Auch die Gärtner und Gartenbesitzer nutzen sehr oft die vegetative Vermehrung der Pflanzen, z.B. Teilen von Stauden, Stecklinge, Ableger usw.

Weitere Überlebensstrategien

Viele Wildkräuter überleben selbst unter widrigsten klimatischen Bedingungen und es schadet ihnen auch nicht, wenn man auf sie tritt, oder ein Tier versucht, sie zu fressen. Sie können sogar ihre Gestalt oder Größe verändern, um sich so der Umgebung optimal anzupassen.
Ein weiterer wichtiger Punkt für das Überleben der Wildkräuter sind die winterharten Samen und viele Wildkräuter wachsen sogar den ganzen Winter hindurch weiter. So sieht man oft den ganzen Winter hindurch oft blühende Gänseblümchen und purpurne Taubnesseln.

Pflanzen mit Pfahlwurzeln sind oft noch den ganzen Sommer grün, wenn andere Kulturpflanzen schon halb verwelkt oder braun sind, z.B. die Wegewarte oder der Löwenzahn.
Wegeriche, Gänseblümchen, Löwenzahn gedeihen besser, wenn auf ihnen gelaufen wird. Deshalb findet man diese Pflanzen auch so oft in unserem Rasen und wird sie nicht los.
Wird ein Rasen längere Zeit nicht gemäht, wachsen die Wildkräuter recht schnell in die Höhe, um ans Licht zu kommen, damit sie nicht vom Gras abgewürgt werden. Kann man gut bei Löwenzahn und Wegeriche beobachten.
Andere Pflanzen wie die Winden oder das Kletten- Labkraut ranken sich empor, um in gute Positionen zu kommen.

Die "Unkrautbekämpfung"

Wenn wir jetzt den Lebenszyklus der Pflanzen und ihre Vermehrung- und Überlebensstrategien betrachtet, sieht man, wie schwer es ist, dagegen anzukämpfen.
Es ist uns möglich, das Unkraut einigermaßen einzudämmen, aber niemals ganz loszuwerden. Besonders nicht, wenn wir nachlässig werden.

Ich als Gärtner freue mich besonders über dieses unbändige Wachstum der Pflanzen. So werde ich nie arbeitslos. Die Hecken müssen immer geschnitten werden,der Rasen wächst ständig nach und die Beete müssen auch ständig sauber gehalten werden.
Besonders freut es mich zu wissen, dass letztendlich die Natur immer Oberhand behalten wird, auch wenn sie gerade sehr unter der Umweltverschmutzung und Zerstörung leidet.

Bei der Unkrautbekämpfung muss man die Pflanzen beachten, wie sie wachsen und sich vermehren.
Der Löwenzahn muss tief ausgestochen werden, das Behaarte Schaumkraut kann man meist leicht mir der Hand entfernen. Dem Giersch ist schwer beizukommen, gute Erfolge habe ich dabei aber mit der Grabgabel gemacht,indem ich die Erde lockere und die Wurzeln mühselig auslese.

Die Beete mit Mulch oder Folien abdecken, kann oft auch wirksam sein. Oder die Veränderung der Lebensbedingungen des Standortes, z.B. die Veränderung des ph Wertes, öfters Mähen usw.

Oft mähe ich die Unkräuter auch nur mit der Motorsense ab. Das geht schnell, hat aber den Nachteil, das viele der Unkräuter immer kräftiger werden. Der Zeitfaktor bei sehr großen Anlagen spielt da natürlich auch eine große Rolle.

Die beste Methode ist immer noch das Jäten und versuchen so viele Pflanzen wie möglich mit der Wurzel entfernen können.
Absolut vermeiden sollte man das Spritzen mit Herbiziden.