Sonntag, 4. März 2018

Bergwandern auf Fuerteventura

Im Januar dieses Jahr machte ich einen Kurzurlaub nach Fuerteventura. Ich brauchte etwas Erholung und wollte ein bisschen Wärme genießen. Leider lief das nicht ganz so wie geplant. Inzwischen weiß ich, dass 2018 der kälteste Januar seit 50 Jahren war und das Winterwetter auf den Kanaren jetzt aktuell immer noch da ist, mit teilweise Schnee, starke Stürme und hohe Wellen. Ganz so schlimm wie derzeit war es bei mir noch nicht, aber trotzdem recht kühl, sehr stark windig und für die Insel zuviel Regen. Mit Badeurlaub war da nichts.

Bei der Busfahrt vom Flughafen zu meinem Hotel, die über eine Stunde fast durch die ganz Insel ging, sah ich so gut wie nur unbewachsene Berge und Hügel. Die Insel ist sehr karg, es gibt nicht einmal Süßwasser. Alles Wasser wird durch Entsalzungsanlagen gewonnen und es gibt noch zwei bestehende große Regenwasser Auffangstauseen.




Mit dem Bus ging es in den Süden nach Esquinzo de la Playa, wo meine Hotelanlage war.
Unterwegs hatte ich nur Augen für diese Berglandschaften. Viel mehr gibt es da auch nicht zu sehen, ein paar Häuser, keinen Wald, keine Bäume, vereinzelt mal wenige Palmen und ein paar niedrige Sträucher. Trotzdem ist es wunderschön und sehr reizvoll.


so viel Grün sieht man nicht überall


Da die Landschaft teilweise sehr trostlos aussieht, wurden dort sogar Teile der Star Wars Filme und ein Planet der Affen Film gedreht.
Braucht man die Landschaft eines anderen Planeten, hier wird man fündig.

Meine Hotelanlage war noch relativ klein und etwas entfernt von den riesigen Hotelkomplexe wie z.B. Costa Calma, Morro Jable usw.

Am ersten Tag machte ich die erste Erkundungstour auf die Berge. Ich musste nur über die Straße und war nach etwa 300m schon am Ortsrand. Dann begann schon die Wüstenlandschaft.
Ich wollte einfach nur mal mit dem Gelände vertraut werden, packte einen halben Liter Wasser ein, Sonnencreme, Jacke, Pullover und ein paar Kekse.

Blick zurück auf meine Hotelanlage links vom erreichten Hügelgipfel

links mein Hotel, das kleine Dorf und schon beginnt die Mondlandschaft

Ich hatte keine Ahnung wo ich hin ging, gutes Kartenmaterial hatte ich nicht, und die Touristenkarten sind nicht fürs Bergwandern gedacht, nur zur Grundorientierung.
Da ich gute Bergerfahrung habe und wegloses Gehen für mich kein Problem darstellt, ging ich einfach drauf los.

so ging ich weglos auf den Hügel in der Mitte

mehrere Täler musste ich durchqueren und einen Weg finden

der Hügel in der Mitte war mein Ziel

Nach etwa eineinhalb Stunden erreichte ich den großen Hügel und war auch froh, denn das Wasser wurde langsam knapp. Ich war ja nicht auf eine größere Tour vorbereitet.
Aber den Hügel wollte ich unbedingt erreichen.

fast am Gipfel des Hügels
Gipfel 

Die Aussicht von dem Hügel war phantastisch. Schaute ich nach Süden, sah ich diese Bergkette mit dem höchsten Berg, den ich von dieser Stelle erkennen konnte.
Ich hatte nur einen Wunsch, da muss ich hin, ich werde über diese Gebirgskette gehen. Das war mein Ziel für den nächsten Tag.
Auf den Tourikarten, die ich dabei hatte, war nur sehr wenig vom Gelände zu erkennen und die Berge waren auch nicht benannt und Wege gab es gar nicht.. Aber nach der Touristenkarte könnte das sogar der höchste Berg der Insel sein.

Zurück im Hotel suchte ich alle Postkarten ab und fand auch eine ähnlich war wie das nächste Bild unten. Ich fragte an der Rezeption mehrere Leute, ob das eventuell der Pico de la Zarza ist. Sie konnten es mir nicht genau sagen.
Egal, ich brauchte irgend ein Ziel, und dieser höchste Berg am Horizont reizte mich und erst als ich am nächsten Tag dort angekommen war, wusste ich , es ist der höchste Berg auf Fuerteventura, mit 807m. Manchmal wird der Berg mit 812m angegeben. Allerdings geht man auch immer von Meereshöhe los.
Blick nach Süden zum Pico de la Zarza
Schaute ich nach Osten, das Bild unten, sah ich diesen Berg. Auch ein lohnendes Ziel. Ich weiß nicht wie er heißt, aber auch da werde ich beim nächsten mal noch hingehen.


  nur sehr wenig Pflanzenbewuchs
Am nächsten Tag machte ich mich nach dem Frühstück fertig zur Bergtour. Das Wetter war angenehm, nicht zu warm und nicht zu kalt. Aber sehr windig, was mir später noch sehr zu schaffen machte.

Ich nahm folgendes mit:
festes Schuhwerk, die Steine sind sehr spitz und scharfkantig
Jacke und Pullover
1.5L Wasser
einige Kekse und 2 belegte Brote vom Frühstück
Erste Hilfe Päckchen
Stirnlampe, Taschenmesser, Feuerzeug
Touristenlandkarte für den ganz groben Überblick
Sonnencreme/ Sonnenbrille

Eine kleine Warnung

Diese Bergtour konnte ich nur machen, weil ich gute alpine Erfahrung habe und wegloses Gehen im Gebirge für mich nicht unbekannt ist und gute Trittsicherheit ist wichtig. Ohne diese Erfahrung sind solche Touren sehr gefährlich und leichtsinnig. 
Wasser gibt es im Gelände unterwegs nirgendwo! 
Der Notruf ist auch auf Fuerteventura 112, ich wusste aber immer nur ungefähr anhand der ungenauen Karte, wo ich war.

Inzwischen habe ich mir zuhause besseres Kartenmaterial besorgt und es gibt auch Tourenführer mit einigen wenigen ausgewählten Wanderungen. 
Deshalb ist man in der Regel auf sich gestellt, da die Insel für Wanderer noch sehr schlecht erschlossen ist.
Es ist für die meisten Touristen eine Bade- und Erholungsinsel, keine Wanderinsel.


Den Weg vom Vortag bis zu dem Hügel hatte ich sehr einfach und schnell hinter mich gebracht.
Unterwegs sah ich einige Schutzbauten aus Steine. Ob für die Ziegen oder Hirten ist mir nicht ganz klar.

Danach war anfangs war noch ein Weg erkennbar, der dann aber bald aufhörte.

gut erkennbarer Weg am Anfang


So musste ich nun weglos weiter
Das Ziel hatte ich die ganze Zeit vor Augen, den es gibt außer ein paar wenige Sträucher nichts an Pflanzen. Es ist eine Lavagestein Wüsteninsel.
Nur ein paar Vögel sah ich fliegen und einige Ziegen herumlaufen. Es gibt ja scheinbar mehr Ziegen als Menschen auf der Insel. Und manche stürzen auch mal ab oder kommen sonstwie ums Leben.




Wolfsmilchgewächs

Der Wind wurde immer stärker und ich zog alles an was ich hatte. Meine Kappe musste ich oft festhalten, sonst wäre sie weg geflogen. Zeitweise habe ich sie sogar ganz weggelassen. Solch starken Wind kannte ich bisher nur im Hochgebirge in den Alpen. Das war sehr unangenehm und der Weg noch sehr weit.
Ab und zu konnte ich vom Grat herunter heruntersteigen und suchte mir einen Weg im Windschatten. Zum Glück war das Gelände meist sehr übersichtlich.

Teil des Grates

Nach etwa 3 Stunden konnte ich dann vom Weg aus zur anderen Küstenseite der Insel schauen, nach Osten und der Gipfel war auch schon näher erkennbar, aber noch weit weg.
Blick vom Grat zur Villa Winter und Cofete

Blick zum Gipfel


Der Gipfelaufbau war eingezäunt. Da ich ja nicht den offiziellen Weg ging und einfach weglos darauf zu, wusste ich das nicht. Also kletterte ich über den Zaun. Dann war ich in einem Labyrinth. Ich musste noch drei mal über die Zäune klettern, bis ich den Gipfel erreichte. Und erst dann wusste ich, dass es der höchste Berg der Insel war.
Der Weg den ich ging war wunderschön und sehr einsam. Es war ja kein offizieller Weg.
Vom Gipfel aus,konnte ich noch einmal auf einen großen Teil des Weges zurückschauen.

mein Weg zum Gipfel

auf dem Gipfel



Zurück ging ich den offiziellen Weg, bis nach Jandia/ Morro Jable. Von dort fuhr ich mit dem Taxi zurück zum Hotel. Die ganze Tour dauerte etwa 6 Stunden.

der Rückweg nach Jandia


Alpiner Basiskurs 2

Jedes Jahr führe ich für meine Sektion des Deutschen Alpenvereins einen 4-tägigen Alpinen Basiskurs durch.
Auch letztes Jahr war ich wieder mit 12 Teilnehmern Anfang Juli im Verwallgebirge für diesen Ausbildungskurs.
Diese Gegend eignet sich sehr gut für solche Kurse, die meisten Gipfel sind unmarkiert und das Gelände für Anfänger bis Fortgeschrittene sehr geeignet.


Die Teilnehmer sind sehr unterschiedlich gemischt von 20 Jahren bis zu 70 Jahren, Männer und Frauen, mit unterschiedlichen Bergerfahrungen und Erwartungen an den Kurs.
Die Ausbildung besteht aus einem praktischen und theoretischen Teil. Wir arbeiten gemeinsam ein etwa 40 seitiges Manuskript durch. Tagsüber gehen wir immer auf Trainingstouren wo wir auch viele Übungen durchführen und abends haben wir ein separates Zimmer für uns, wo wir noch vieles in der Theorie durchgehen, aber am nächsten Tag auch praktisch anwenden werden.

Es ist immer mein Ziel, dass die Teilnehmer alles was im Kurs besprochen wird, auch einmal praktisch geübt oder gesehen haben.
Im Laufe der Jahre habe ich den Alpinen Basiskurs eher in einen Survivalkurs umgewandelt.
Ich versuche immer je nach Wetterlage und vorhandenem Gelände möglichst viele Situationen praktisch durchzuführen, welche beim Bergwandern passieren können.

Dieses Jahr war das Wetter sehr durchwachsen und der Wetterbericht für die ersten 3 Tage war sehr regnerisch und mit Gewitter angesagt.
Laut Wetterbericht war am Aufstiegstag ab etwa 16 Uhr Gewitter und Regen vorhergesagt.
Um etwa 12.30 waren standen wir, nachdem wir ein Stück mit der Seilbahn gefahren sind, an diesem Wegschild.

Ich erklärte gleich am Anfang der Tour welche wichtige Anhaltspunkte uns diese Schilder geben können und besonders wenn Unwetter angesagt sind, die Stundenangaben sehr wichtig sein können.
Laut Wetterbericht hätten wir theoretisch noch ohne Gewitter an der Hütte ankommen können. Das kam dann aber anders. Darauf muss man vorbereitet sein, da Gewitter zwar angesagt werden können, aber niemals der genaue Zeitpunkt.

Diese Zeitangaben sind auch besonders für Gruppen interessant, da man an ihnen feststellen kann, wie schnell die Gruppe ist. Schafft man gemeinsam die angegebenen Zeiten oder braucht man viel länger dazu? So hat man eine gute Richtlinie.

Nach etwa 1,5 Stunden erreichten wir den wunderschönen Wiegensee, wo wir die erste größere Rast machten. Schon bis dahin sahen wir, dass die Wolken sich gewaltig zusammenzogen haben und in unsere Richtung kamen.
Wiegensee

Gewitterfront kommt auf uns zu. Blick vom Wiegensee.
Wir machten nur eine kurze Rast und gingen schnell weiter, da auch schon der erste Donner zu hören war. Kurz danach kamen die ersten Regentropfen. Der Wind und der Regen wurden schnell stärker und wir zogen unsere komplette Regensachen an.
Wir hatten Glück, dass wir nicht im Zentrum des Gewitters waren und es noch ein Stückchen von uns weg war. Und da wir noch beim Aufstieg waren, waren wir in noch einigermaßen sicherem Gelände, auch bei Gewitter. In der Verbellaalpe angekommen, standen schon mehrere Wanderer und Gruppen im Kuhstall der Alpe und auch wir standen dort unter und schauten dem Gewitter zu.

Nach etwa einer halben Stunde war der Regen nur noch sehr schwach und wir gingen weiter. Die Regenklamotten hatten wir noch an und die letzte Stunde zur Hütte wollten wir schnell hinter uns haben.

Bei der Hütte angekommen, kamen wir in winterliches Wetter. Die Tage vorher hat es dort noch öfters noch geschneit.
Schaidsee

die Neue Heilbronner Hütte im Schnee

Der Schaidsee, der auch für die Wasserversorgung der Hütte wichtig ist, war Anfang Juli an vielen Stellen noch mit Eis bedeckt.

Nachdem wir uns in der Hütte eingerichtet hatten, ging es nach dem Abendessen mit der Theorie los.
Zuerst sprachen wir noch einmal ganz gründlich über das Gewitter und wie man sich dabei im Gebirge verhält. Dieses Thema war ja schließlich ganz aktuell.
Danach ging es weiter mit der Ausrüstung, Planung und Durchführung von Bergtouren, Orientierung mit Karte und Kompass. Die Tour für den nächsten Tag wurde anhand der Karte ausgearbeitet.

Der nächste Morgen war sehr verregnet, so haben wir den Theorieteil nach dem Frühstück vorgezogen. Erste Hilfe, Vertiefung von Karte und Kompass, Alpine Gefahren.

Gegen 11 Uhr wurde der Regen schwächer und wir gingen in voller Regenkleidung endlich los.

Der Regen hörte bald auf aber die starke Bewölkung blieb. Die Sichtweite war nicht sehr groß. Uns war klar, dass wir aufgrund des Wetters und der Schneeverhältnisse weiter oben den geplanten Gipfel nicht schaffen werden. Das war aber nicht weiter schlimm. Ich führte die Gruppe voll in die Wolken, um bewusst zu zeigen, welche Situationen am Berg passieren können.

ein Steinmännchen zur Orientierung


Wir übten bei dieser Sicht die Orientierung mit der Karte und Kompass und ein Teilnehmer hatte sein GPS dabei. Aber irgendwann gibt es einen Punkt, wo man mit beidem nicht mehr weiter kommt. Außer man will sich bewusst in Gefahr bringen. Es gab einfach keine sichtbaren Orientierungspunkte mehr. Aber für die Teilnehmer war dieses White out eine völlig neue Erfahrung.

Noch vieles wurde in diesem Kurs geübt.
Begehen von Schneefeldern und Abrutschübungen. Auf Schneefeldern, besonders den Altschneefeldern passieren immer noch die meisten Unfälle beim Bergwandern.
Hier einige Bilder dazu auf dem Weg zur Westlichen Fluhspitze 2473m:


unser Weg zur Fluhspitze

Abstieg vom Gipfel

Aufstieg über eines der vielen Schneefelder

Wir übten Kletterpassagen, Gehen und Wegfindung im weglosen und unmarkierten Gelände, Trittsicherheit auf Geröll, Platten- und Blockgelände und größere Bäche zu überqueren.
Blockgelände


Klettern ohne Seil

Plattengelände

Plattengelände

Bachüberquerung


ein mit Schnee bedeckter Bach. Eine sehr gefährliche Situation

Wir spielten eine komplette Notfallübung durch mit Verletztentransport, Notrufkette, Erste Hilfe, Biwaksack und Verwendung der Rettungsdecke.



Biwaksack als Sonnen- und Windschutz
Orientierung mit Karte und Kompass:



Die letzten eineinhalb Tage wurde das Wetter besser und wir konnten sogar eine Theorieeinheit im Freien abhalten und noch am nächsten Tag einen weiteren Gipfel besteigen.
Unterricht im Freien nach einer gelungenen Tour

unser Weg zum Valschervieler 2696m

kurz vor dem Gipfel

der Abstieg


Der Kurs hat allen Teilnehmern sehr gut gefallen und das etwas schlechtere Wetter war ein Glücksfall für uns. Das Thema Wetterkunde und alpine Gefahren konnte ich an vielen Situationen praxisnah erklären, besser als jede Theorie.