Sonntag, 16. Juli 2017

Verhalten bei einem Bergunfall und Notruf

In abgelegenen Bergregionen und bei schlechtem Wetter und Verhältnissen, kann es Stunden dauern bis organisierte Rettung eintreffen kann.
Das stellt für alle Beteiligten höchste Anforderungen da.

  • Ruhe bewahren und überlegt handeln.
  • Erste Hilfe nach bestem Wissen und Möglichkeiten. Improvisation ist noch besser als gar nichts tun.
  • Notruf absetzen
  • Verletzten aus der Gefahrenzone bringen und situationsgerecht lagern.
  • Verletzten intensiv betreuen, warmhalten, Zuwendung geben, nicht alleine lassen.

Wichtig: Für jeden der oft draußen in den Bergen oder der Natur unterwegs ist der große Erste Hilfe Kurs, regelmäßig wiederholt einfach Pflicht. Es gibt auch zusätzlich noch Outdoor Erste Hilfe Kurse, die noch spezieller auf unsere Situation in der Natur eingehen.

Beurteilung der Lage, wenn man den Verunfallten antrifft

Kommt man an die Unfallstelle, zuerst einmal tief durchatmen und zur Ruhe kommen. Die Unfallstelle genau überblicken und nach Gefahrenstellen, z.B. drohender Steinschlag absuchen.
Dabei stellt man sich 2 Fragen:
1. Ist ein Abtransport des Verletzten notwendig und möglich?
2. Ist der Verletzte an dieser Stelle sicher und kommt man selbst ungefährdet an die Unfallstelle heran? Droht Steinschlag etc.?

Dabei gibt es 3 Szenarios:
  1. Es besteht keine erkennbare Gefahr. Der Retter kann zum Verletzten gehen und ihn vor Ort versorgen.                                                                                                                        
  2. Es besteht eine mögliche Gefahr, z.B. weiterer Steinschlag durch Gämsen etc. aber die Lage ist noch kalkulierbar. Wenn der Retter es sich zutraut, muss er schnell handeln. Schnell den Verletzten aus der Gefahrenzone bringen, egal wie und mit minimaler Rücksicht auf die Verletzungen oder Bewusstlosigkeit. Der Aufenthalt in der Gefahrenzone ist auf ein Minimum zu reduzieren.                                                                             
  3. Es besteht eine große Gefahr für den Retter. In diesem Fall kann der Retter nur den Notfall absetzten, er geht nicht zum Verletzten vor. Selbstschutz geht vor!


Anmerkungen zum Verletztentransport:

Der Verletztentransport ist im Gebirge auf längere Zeit sehr schwer durchzuführen und ist nur für kurze Strecken zu empfehlen. Dabei gibt es mehrere Methoden, z.B. den Tragering, die Rucksackmethode mit Stöcken, wie auf dem Bild, oder auch eine Bahre bauen mit Hilfe von Stöcken und Biwaksack.
Ein Verletztentransport kann Helfer und den Verletzten in noch größere Gefahr bringen, besonders bei steilen und ausgesetztem Gelände. Man muss auf das Eintreffen der Bergwacht warten.


Lebensrettende Sofortmaßnahmen


Vitalanzeichen prüfen

Ist der Verletzte bei Bewusstsein – dann Verletzten ansprechen, ggf. an den Schultern schütteln

Kein Bewusstsein – Vitalzeichen prüfen:

  • auf Schmerzensäußerungen achten (Stöhnen, Atmen, Husten)
  • Schmerzreiz prüfen
  • Atmungskontrolle
  • Bewegungskontrolle

Keine Atmung, kein Kreislauf – Beatmung beginnen:

  • Mund zu Mund oder Nase zwei Beatmungen, bis Brustkorb sich deutlich anhebt
  • Abwehrreaktionen wie Gegenatmen oder Husten sind gute Vitalzeichen.

Keine Reaktion – Herzlungenwiederbelebung (HLW)

  • 30x Herzdruckmassage, 2x Beatmung
  • HLW immer 30:2 egal ob 1 oder 2 Helfer
  • Wiederholung so lange bis Atmung und Kreislauf wieder kommen oder Eintreffen des Rettungsteams/ Notarzt


Atmung und Kreislauf vorhanden, jedoch Bewusstlos:

  • stabile Seitenlage
  • Kopf überstrecken
  • Atemwege freimachen
  • Schutz vor Kälte


Der Bodycheck – orientierende Erstuntersuchung

Der Bodycheck ist wichtig für die Erstuntersuchung eines Verletzten nach einem Sturz des Verletzten. Der Bodycheck muss durchgeführt werden, auch wenn z.B. schon ein stark schmerzendes Knie erkennbar ist. So vermeidet man, eventuell Wirbelsäulenverletzungen u.a. zu übersehen.

  • Der Bodycheck erfolgt, bevor der Verletzte transportiert worden ist. Ausnahme nur, wenn er schnell aus einer Gefahrenzone gebracht werden muss.
  • Der Bodycheck wird immer komplett und systematisch vom Kopf bis Fuß durchgeführt.
  • Beim Abtasten des Körpers kräftig drücken, nicht zu zaghaft. Besonders bei Winterkleidung.
  • Bei ohnmächtigen und erkrankten Personen, die aber nicht gestürzt sind, kein Bodycheck durchführen.


Durchführung des Bodycheck:


  • Einmalhandschuhe anziehen
  • Kopf abtasten, Gesichtsknochen, Hinterkopf, Blutungen und Beulen?
  • Halswirbelsäule abtasten
  • Arm hochheben lassen. Geht es schmerzfrei? Können Finger bewegt werden?
    Bei Schmerzen werden Schulterblatt, Schlüsselbein, Schulter, Oberarm, Ellenbogen, Unterarm und Hand abgetastet.
  • Danach anderer Arm
  • Dann Abtasten der Wirbelsäule, Druckempfindliche Stellen suchen.
  • Untersuchung von Brust, Bauch und Rippen: Rippen links und rechts abtasten, Bauch abtasten und darauf achten ob er hart oder weich ist. Becken Zusammendrücken.
  • Untersuchung der Beine: Ein Bein heben lassen. Ist es schmerzfrei, dann ist es unverletzt. Bei ‚Schmerzen Oberschenkel, Knie, Unterschenkel und Füße abtasten.
  • Beine nacheinander prüfen.

Grundregeln für den Umgang mit Verletzten:

  • Die erste Bezugsperson zum Verletzten sollte möglichst nicht wechseln.
  • Die psychische Betreuung ist neben den Lebensrettenden Maßnahmen auch sehr wichtig für das Wohlbefinden des Patienten. Dazu gehört auch Trost spenden, gut zureden, zuhören und eventuell Körperkontakt.
  • Immer die Wahrheit sagen. Erkennt der Verletzte, dass er angelogen wird, verliert er das Vertrauen und eine psychische Betreuung ist nicht mehr möglich. Der Zustand kann sich verschlechtern.
  • Wärmeerhalt. Verletzte kühlen aufgrund Verletzungen, Passivität, Angst und Schock schneller aus. Sie müssen warm gehalten werden.
  • Die Intimsphäre des Verletzten wahren.
  • Ruhe und Souveränität ausstrahlen. Erkennbare Nervosität überträgt sich auf den Verletzten.
  • Vor Schaulustigen abschirmen.
  • Eigener Abtransport nur, wenn es nicht anders möglich ist.


Die Notfallmeldung

Auf Bergtouren wird heute erwartet, dass ein Handy dabei ist. Es ist der aktuelle Stand der Technik. Tourenführer ohne Handy handeln strafbar.
Es ist aber zu beachten, dass man in den Bergen nicht überall einen Handyempfang hat.

Wann wird der Notruf abgesetzt?
  • Bei Schwerverletzten mit Sturz aus großer Höhe und großen Verletzungen, Schwerkranke, z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall oder starke allergische Reaktionen. Oder Bewusstlose Personen, hat der Notruf immer Vorrang, vor allen anderen Maßnahmen.
  • Bei gestürzten Personen ohne große Verletzungen, erfolgt zuerst der Bodycheck vor der Unfallmeldung.
  • Bei erkrankten Personen ohne sichtbare Lebensbedrohung erfolgt zuerst eine persönliche Abklärung mit dem Patienten zur Erkrankung. Z.B. ist die Ursache bekannt, was genau ist los, sind Medikamente dazu dabei usw.

Der Notruf:


  • Die Notrufnummer ist europaweit 112
  • einzelne Bergregionen haben zusätzlich noch eigene Notfallnummern. Vor der Tour erkundigen. Ruft man sie an, kommt die Hilfe schneller. 
  • Der Notruf kann auch mit leerer Prepaidkarte abgesetzt werden.
  • Ist das Mobilnetz überlastet, haben gewählte Notrufnummern Vorrang.
  • Wenn möglich, 112 wählen bevor man den Pin eingibt. So wird automatisch das stärkste Netz gesucht.
  • Handy vor der Tour immer aufladen.
  • Von dem Handy, welches der Notruf abgesetzt wurde dürfen keine weitere Gespräche geführt werden. Das Handy muss für Rückfragen etc. frei bleiben.
  • Seit 2009 ist das Absetzen von Notrufen nur noch mit gültiger Sim- Karte möglich.
  • Nicht immer und überall hat man Handy Empfang!
in unseren heimischen Wäldern sieht man immer öfter solche Anfahrtspunkte für Rettungsfahrzeuge

Was tun, wenn kein Handyempfang da ist?


Ist man in einer Gruppe gehen 2 Personen so weit an eine geeignete Stelle, bis man wieder einen Empfang hat. Eine Person kann dann immer zwischen Gruppe und Handyempfang vermitteln.

Ist man nur zu zweit, und der Verletzte ist so weit in Ordnung, dass man ihn alleine lassen kann und gut versorgt ist, geht der Helfer so weit, bis ein Handyempfang da ist und setzt den Notruf ab.

Ist man ganz alleine muss man mit Lärm- oder Lichtzeichen auf sich aufmerksam machen.
Das Alpine Notsignal geht so:
6 Zeichen, Töne etc. in der Minute, alle 10 Sekunden eins.
Die Antwort auf ein solches Signal ist 3 mal in der Minute ein Signal abgeben.


Die Fragen und Antworten beim Notruf:

Die bekannten W- Fragen: Wer? Wo? Was? Wie viele? Wann? Muss man sich nicht merken, die Rettungsleitstelle wird diese Fragen stellen. Man muss aber diese Fragen richtig beantworten können.
Ganz besonders die Lage der Unfallstelle und die Art der Verletzung sollte der Ersthelfer beim Notruf wissen.


Wir werden draußen am Berg und in der Natur hauptsächlich mit 4 Verletzungs- und/ oder Krankheitsarten zu tun bekommen:

  1. Chirurgische Verletzungen (Stürze, offene Wunden, Prellungen etc.)
  2. Internistische Krankheiten ( Herzinfarkt, Diabetes, Allergien etc.)
  3. Thermische Notfälle (Hitze- oder Kälteschäden)
  4. Spezielle Notfälle (Tierbisse, Zecken, Höhenkrankheit, Schneeblindheit etc.)
















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